Sie sind Putzfrauen, ihre Sprache derb, ihr Leben verunglückt. Trotzdem –
oder gerade deshalb – sind die „Drei Präsidentinnen“ von Werner Schwab
ein Erfolgsstück: ein Höllenritt zwischen Primitivem und Höchstem,
zwischen Tirade und Theologie, zwischen Exkrementen und Goldstaub. Auf
dem Theaterschiff feiern sie am Freitag Premiere – mit männlicher
Besetzung.
Potsdam. 1990 gelang dem Wiener
Skandalautor Werner Schwab mit diesen „drei Szenen“ der Durchbruch: In
„Die Präsidentinnen!“ lässt der mit gerade mal 35 Jahren im Suff
verstorbene Schwab drei Putzfrauen träumen, schwadronieren, fantasieren
und sich aus ihrem völlig verunglückten Dasein herauskrakeelen – bis
ausgerechnet ein Tagtraum sie auf den harten Boden ihrer Realität
zurückwirft.
Die Sprache der drei
Akteurinnen ist so derbe wie ausgefeilt, so klar wie schräg, das Stück
selbst ein Höllenritt zwischen Primitivem und Höchstem, zwischen Tirade
und Theologie, zwischen Exkrementen und Goldstaub. Auch auf deutschen
Bühnen liefen die „Präsidentinnen“ in den 90er-Jahren herauf und
herunter. Dann ist es leider etwas ruhiger geworden um Schwab.
War
es das Verstummen des typischen Schwab-Sounds auf deutschen Bühnen, das
die Brandenburger Schauspielerin und Regisseurin Christiane Ziehl jetzt
dazu brachte, das Stück neu zu inszenieren, ausgerechnet auf dem
Potsdamer Theaterschiff? Waren es nostalgische Erinnerungen an ihre
eigene Darstellung der Putzfrau „Grete“ vor 20 Jahren? Das wird
vorläufig ihr Geheimnis bleiben.
Präpariert
für eine zünftige Schwab-Inszenierung ist Christiane Ziehl allemal.
Nicht nur durch ihre preisgekrönten Regiearbeiten. Ihre eigene
Darstellung der sexsuchenden 80-jährigen Elfriede Vavrik im Stück
„Nacktbadestrand“ – ebenfalls zu sehen auf dem Theaterschiff – bringt
sie schon selbst in beachtliche Nähe zu Schwabs vor keiner Sauerei
zurückschreckenden Antiheldinnen. Und in Brandenburg an der Havel
beweist sie immer wieder, dass sie bekannte Stoffe wie etwa Fontanes
Grete Minde auf den Punkt bringen kann.
Ein
solcher Punkt, wenn nicht gar Ausrufezeichen in der
Theaterschiffinszenierung ist die Besetzung der „Präsidentinnen“ Grete,
Erna und Mariedl mit den Ensemblemitgliedern Mathias Iffert, Rüdiger
Braun und Stefan Reschke. Der Regiekniff liegt nahe. Gestandene
Mannsbilder bringen das männlich derbe Wesen der Akteurinnen
unmittelbarer zum Ausdruck, als es weibliche Darstellerinnen je könnten.
Und zugleich sorgen sie für eine Brechtsche Verfremdung des Stoffes.
Der will immer Hyperrealismus, nie Realismus sein. Ohne falsches
Transengetue, sachlich und echt sollen die drei Schauspieler ab
Freitagabend die Substanz des Schwabschen Stückes als reines
Sprachkunstwerk leuchten lassen.
Ihnen
entgegen kommt das reduzierte und doch bis ins Detail komponierte
Bühnenbild von Thomas Gabriel. Ohne Anstrengung beschwört es eine Vision
der ärmlich-trostlosen Wohnküche schlechthin. Einen konzentrierten,
wuchtigen und durchaus überraschenden Theaterabend verspricht sich das
Theaterschiff von seiner ersten Premiere in diesem Jahr. An Bord des
Schiffes wollen sich am Freitag und am Samstag nach vielen Jahren
Bühnenauszeit die drei wort- und wutgewaltige Schwabschen Damen erneut
von ihrem Weltekel befreien und sich aufschwingen zu Herrscherinnen des
Universums. Ob ihnen das in der Ziehlschen Fassung gelingt, ist ab
Freitag auf dem Theaterschiff zu erfahren.
Info: Freitag und Sonnabend jeweils ab 19.30 Uhr auf dem Theaterschiff Potsdam, Schiffbauergasse 9b
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