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Märkische Allgemeine Zeitung vom 13.12.2011 zu Offene Zweierbeziehung

In der Inszenierung „Offene Zweierbeziehung“ auf dem Theaterschiff bleibt kein Herz unversehrt

POTSDAM / INNENSTADT - Ein gebrochenes Herz lässt sich nicht reparieren. Bei der jüngsten Inszenierung im Theaterschiff geht pro Abend ein Lebkuchenherz drauf. Für Dario ist damit der Ehekrach gegessen. „Du bist himmlisch“ lässt er per Zuckerschriftzug die geschmähte Antonia wissen, und, dass sie dem Gatten den x-ten Seitensprung doch verzeihen soll. Macht sie auch.

„Offene Zweierbeziehung“ heißt das Kammerspiel des italienischen Nobelpreisträgers Dario Fo, das Martina König auf die schwimmende Bühne bringt, wobei sie den Raum soweit zurücknimmt, das die Erzählung nahe beim Publikum verbleibt: Es gruppiert sich um die Darsteller. Die Textvorlage ist auf Kernaussagen reduziert, die dem Zeitgeist gerecht werden. Mann und Frau holen die Gäste draußen am offenen Feuer ab, ehe es an Bord geht. Während die Flammen in Metallkörben brennen, lodert bei Antonia die Eifersucht. Ihr Mann ist fremdgegangen, erneut. Und wieder zeigt er keine Reue, lässt seine Frau stattdessen wissen, eine offene Zweierbeziehung stünde am Anfang jeder glücklichen Ehe.

Seine Auffassung ist auf unsere globalisierte Welt übertragbar, in der Beziehungen mit sozialen Netzwerk-Freundschaften und daraus resultierenden Unverbindlichkeiten konkurrieren: Man(n) legt sich ungern fest, maximal wenn es darum geht, Offenheit zu definieren: Affären sind erlaubt, wenn der Mann sie hat, stellt Dario klar. Doch zeigt er Herz, als er die verzweifelte Antonia davor bewahrt, sich in die Havel zu stürzen – und sie im Anschluss versöhnlich mit dem großformatigen Lebkuchen behängt, den sie nicht „unverzehrt“ lässt. Ein gutes Bild.

Und das ist erst der Anfang. Unter Deck tauscht Antonia den braven Strickpullilook gegen ein feuerrotes Cocktailkleid und den Ehemann gegen einen Liebhaber. Damit, dass sich seine eigene Beziehungsweise plötzlich gegen ihn richtet, kommt Dario nicht klar. Den Gegensatz seiner Rolle bringt Mario Neubert klasse zur Geltung. Obwohl sein Dario bisweilen ein wenig hampelig-überdreht wirkt, die Strahlkraft, mit der das Stück endet, geht vor allem auf sein Konto. Isabelle Liere schöpft als Antonia das meiste Potenzial aus ihrer Stimme, deren Tonlage sie zwischen verzweifelt und fatalistisch moduliert.

Antonia singt auch, tut dies aber – gemessen an der Gesamtlänge des Stückes – fast über die Hälfte der Aufführung, womit der dramaturgische Effekt wieder verpufft. Der unerwartete Schluss ist indes doppelt wirkungsvoll, er unterstreicht den kurzweiligen Erzählton der Inszenierung und lässt eine zweite Lesart des Titels zu: Das Stück heißt nicht umsonst offene Zweierbeziehung. (Von Tanja Kasischke)


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