Auf
dem Theaterschiff in Potsdam inszeniert Rosa von Praunheim den Monolog
einer sexbesessenen 81-Jährigen. Das Buch „Nacktbadestrand“ von Elfriede
Vavrik sorgte bereits vor fünf Jahren für erregte Diskussionen.
Christiane Ziehl hat den Text für die Bühne entdeckt und spielt nun
selbst die Frau, die Kontaktanzeigen aufgibt, um sich mit jüngeren
Männern zu vergnügen.
Potsdam. „Erfahrung macht bedenklich“,
meinte schon der alte Grieche Horaz. Mit Lebenserfahrungen der
schamlosesten Sorte, aber auch mit besonders erfahrenen Bühnenkünstlern
will ab Freitag das Potsdamer Theaterschiff von sich reden machen.
Der
Berliner Schwulenpapst und Filmregisseur Rosa von Praunheim (72) hat
die Regie für ein äußerst pikantes Einpersonenstück übernommen. Den
Stoff für die Bühne entdeckt hat Schauspielerin Christiane Ziehl (65),
die nach der Abwicklung des Brandenburger Theaters 1999 wegen ihrer
langen Ensemble-Zugehörigkeit unkündbar war. Sie baute in
Brandenburg/Havel ein erfolgreiches Jugend-Amateurtheater auf, bis sie
kürzlich endgültig in Rente geschickt wurde. Nun wagt sie es noch einmal
als Schauspielerin.
Mit einem grünen Tuch um den Kopf spielt sie eine 14 Jahre ältere Dame.
„Nacktbadestrand“ heißt die Lebensbeichte einer 81-Jährigen. Die
angebliche Autobiografie schaffte es vor fünf Jahren sogar auf die
Bestsellerlisten und in die großen Feuilletons. Elfriede Vavrik
schildert darin Sexabenteuer und eine treibende, unersättliche
Altersgeilheit. Nach zwei unglücklichen Ehen und Jahrzehnten sexueller
Enthaltsamkeit behauptet die Mutter dreier Söhne, dass sie als
79-Jährige überhaupt zum erstem Mal einen Orgasmus erlebt hat. Die
Autorin lebt heute noch in Österreich, hat ihr Kommen zur Premiere aber
nicht in Aussicht gestellt.
Wie aber hat Christiane Ziehl den berühmten
Filmregisseur ins Boot geholt? Die beiden stehen im Theaterschiff vor
dem Tresen und Rosa von Praunheim ergreift sofort das Wort: „Christiane
saß ganz romantisch im Tiergarten und guckte so begehrlich. Und da ich
ältere Damen, vor allem fülligere, besonders toll finde, habe ich ihr
zugelächelt und die Hand geküsst. Das war der Anfang einer wunderbaren
Freundschaft.“ Während der Alt-Achtundsechziger das sagt, schmachtet ihn
Christiane Ziehl von der Seite an.
Die
Wahrheit ist: Die beiden haben bereits miteinander Filme gedreht. Der
Alt-Achtundsechziger (seit dem Film „Nicht der Homosexuelle ist pervers,
sondern die Situation, in der er lebt“ von 1971 eine bundesdeutsche
Größe) hat die Ostdeutsche 2005 bei einem Casting für den Film „Sechs
tote Studenten“ entdeckt. 2008 wirkte sie auch in „Der rosa Riese“ mit.
„Nacktbadestrand“ möchte Praunheim demnächst auch verfilmen – „mit einer
älteren Frau und nicht als Monolog.“ Die jüngeren Männer, die sich auf
die Kontaktanzeigen der Greisin melden, sollen im Film dargestellt
werden.
Der Titel „Nacktbadestrand“
Erfahrene FKK-Bader assoziieren Nacktbadestrände nicht mit Sex, eher mit Unschuld. Um Sex
geht es aber in diesem Monolog. Christiane Ziehl erklärt den
missverständlichen Titel wie folgt: „Ein Mann, den die Ich-Erzählerin
besonders mag, zeigt ihr einen Nacktbadestand.“ Doch eigentlich ginge es
um viel mehr. Darum, dass man sich frei fühlt und sich traut.
Rosa von Praunheim versteht sich als „Allround-Genie“, weil er inszeniert, schreibt und
malt. Bilder von ihm werden in der Aufführung eine Rolle spielen. Auch
eine Geigerin wirkt mit.
Uraufführung: 4. Sep. Weitere Aufführungen: 5., 11. Sep., 30., 31. Okt. Theaterschiff, Schiffbauergasse Potsdam. Karten unter 0331/972 302.