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Potsdamer Neueste Nachrichten vom 19.11.2012 zu Revanche


Trickreicher Zweikampf

von Daniel Flügel

Der Krimiklassiker „Revanche“ hatte auf dem Potsdamer Theaterschiff Premiere

Zwei Männer kämpfen um eine Frau. Sie ringen verbissen miteinander, schenken sich nichts. Doch ist es ein Kampf, der statt mit Gebrüll und wildem Handgemenge vornehmlich in den Köpfen stattfindet und mit messerscharfen Worten geführt wird, auch wenn der Ton bald rauer wird und gar Pistolenschüsse fallen. Die beiden Rivalen in Anthony Shaffers bekanntestem, 1971 preisgekröntem und bereits zweimal verfilmtem Theaterstück „Revanche“ (engl. Originaltitel „Sleuth“) sind Spieler, die es lieben, ihren Gegner zu demütigen und zu erniedrigen, ihn hinters Licht zu führen und so in Panik zu versetzen. Vereint in ihrer gemeinsamen Spielernatur, machtbesessen und im Zeichen ihrer „absoluten Männlichkeit“ führen die Kontrahenten einen erbarmungslosen Wettkampf, ein Spiel auf Leben und Tod. Am Freitagabend feierte dieser zeitlose, von Mathias Iffert neu inszenierte Krimiklassiker „Revanche“ auf dem Theaterschiff seine gelungene Premiere.

Schon die recht übersichtlich wirkende Bühne, auf der nur einige edle Möbelstücke das Wohnzimmer eines Landhauses andeuten und wo die Geschehnisse mittschiffs, auf halben Wege zwischen Heck und Bug, ablaufen, rückt das Spiel und den Zweikampf in den Blickpunkt. Im Spalier der Gäste liegt der von Rüdiger Braun brillant gespielte, exzentrische Kriminalschriftsteller Andrew Wyke im schwarzen Anzug versonnen vor einem Schachbrett, als sein Gast, der von Bob Schäfer charismatisch verkörperte Reiseveranstalter Milo Tindle, im weißen Anzug erscheint. Ein Bild, das gleich eingangs die Duellsituation der beiden Kontrahenten, die für den Regisseur Mathias Iffert auch der Ausgangspunkt seiner nunmehr zweiten Regiearbeit gewesen ist, eindrucksvoll festhält.

„Sie wollen also meine Frau heiraten?“, fragt Wyke. „Mit ihrer Einwilligung natürlich“, antwortet Tindle. Zwar liefern sich die beiden Männer in einer amüsanten Potenzprahlerei nun einen verbalen Schlagabtausch nach dem anderen. Doch verhält sich der betrogene Ehemann überraschend höflich gegenüber dem Liebhaber seiner Frau Marguerite, die im gesamten Stück selbst nicht auftaucht. Denn Wyke hat einen Plan, möchte ein Spiel spielen, bei dem er die Chance wittert, nicht nur den Liebhaber ins Verderben zu stürzen, sondern auch seine Frau loszuwerden, um mit seiner eigenen Geliebten zu leben. Tindle soll bei ihm einbrechen, Juwelen aus dem Safe stehlen, um es sich auch leisten zu können, ihm seine Frau vom Hals zu schaffen, während Wyke selber die Versicherungssumme einstreichen will.

So sehr dieser Plan auch nach Hinterhalt riecht und obwohl sich Tindle vergeblich dagegen sträubt, den Diebstahl in einem albernen Clownskostüm auszuführen, willigt er dennoch ein und bringt sich damit als Spieler in einen strategischen Nachteil. Auf der anderen Seite wird Wyke seinerseits unvorsichtig. Schon glaubt er seiner Sache sicher zu sein, sieht sich bereits frohlockend als Sieger. Bis sich die Geschichte zum ersten Mal wendet und sich von nun an der Spielverlauf fortwährend verändert. Das Duell zweier Männer, die das Leben als ein großes Spiel auffassen, ist auch das Zentrum der Inszenierung, sagt Regisseur Mathias Iffert. Und im Verlauf dieses hervorragend gespielten, turbulenten Wettkampfs, der das ganze Spannungsfeld zwischen Allmacht und Ohnmacht umfasst, reicht der Blick in die Psyche der Kontrahenten nun immer tiefer.

„Revanche“ ist ein raffiniert gebauter, äußerst intensiver Zweiakter, mithin eine Herausforderung an die beiden Darsteller, die eine Glanzleistung abliefern und das Publikum begeistern. Bravourös verkörpert Rüdiger Braun mit festgefrorenem Lächeln und einem gefährlichen Singsang zuerst die Verwegenheit, die hinter der Gentlemen-Fassade des Andrew Wyke lauert, bevor er sich in diesem vielschichtigen Charakter, im Verlauf des Stücks, auf faszinierende Weise buchstäblich auszutoben scheint. Demgegenüber steht die zunehmend bedrohlicher werdende Bühnenpräsenz von Bob Schäfer. Wie er mit diabolischer Genüsslichkeit die Facetten der Figur des Milo Tindle entfaltet, ist einfach großartig.

Bald fragt man sich im Strudel der trickreichen Wendungen und scharfzüngigen, von köstlichem englischen Humor durchtrieften Wortgefechte in diesem knapp zweistündigen Kammerspiel, wer von den beiden Akteuren hier eigentlich wen an der Nase herumführt und dieses Spiel wohl gewinnen wird. Doch erst unmittelbar vor dem Schlussapplaus erhält man eine endgültige, allerdings völlig überraschende Antwort.

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