Wechselbad
von Astrid Priebs-Tröger
Verwandlung. Das Theaterschiff als Frisiersalon, Bar oder Wohnung. Foto: Stefan Gloede
Premiere der Woody-Allan-Komödie „Spiel’s noch mal Sam“ auf dem Theaterschiff
Äußerlich ist alles wie immer. Das Theaterschiff liegt in der Abendsonne an der Alten Fahrt und auf dem Oberdeck trinken ein paar Premierenbesucher auch am Freitagabend ihren Wein. Drinnen harrt das Publikum der Dinge, die da kommen sollen. Woody Allens Komödie „Spiel’s noch mal Sam“ steht auf dem Plan und somit ist ein hoher Unterhaltungsfaktor garantiert. Und man ist besonders gespannt, da die Tänzerin und Choreografin Paula E. Paul kurzfristig die Regie übernommen hat. Nun, um es vorweg zu nehmen: Ein Flop, wie die Regisseurin im schlimmsten Fall befürchtete (im PNN-Vorgespräch), ist es nicht geworden, aber so richtig gezündet hat die fast vierzig Jahre alte Geschichte des Stadtneurotikers Woody Allen eben auch nicht. Und das, obwohl man merkt, dass in den letzten Wochen auf dem Schiff vermutlich unter Hochdruck gearbeitet worden ist. Vier Schauspieler teilen sich die mehr als zehn Rollen, sie wuseln die neunzig Minuten lang ohne Pause auf der Längsseite des Kahnes hin und her. Denn diesmal wird die ganze Länge des Schiffes bespielt.
Die vielen Spiegel und Ablagen, die über der langen roten Bank befestigt sind, geben dabei anfangs so etwas wie einen Friseursalon ab (Ausstattung: Jana Feiler), in dem als Auftakt, als das Publikum noch seine Plätze sucht, von den vier Darstellern die schwarzen Drehsessel immer wieder hin- und hergeschoben, diverse Handtücher auseinander gefaltet und wieder zusammengelegt oder auch die Bar mit den Getränken kontrolliert werden. Der Sinn dieses Tuns erschließt sich nicht, aber vielleicht war deshalb der Darsteller des Humphrey Bogart (Rüdiger Braun) bei der wichtigen Auftaktszene – Abschiedsszene aus dem Film „Casablanca“ – auch so wenig bei der Sache. Und auch sonst reicht eine perfekte Kostümierung eben nicht, um dieser Kultfigur gerecht zu werden. Schade, denn Humphrey Bogart ist ja das fiktive Vorbild, das dem gerade frisch verlassenen Allan Felix (Stefan Reschke) dabei behilflich sein wird, es endlich richtig anzustellen, die passende Frau zu finden. Doch vorerst ist Allan am Boden zerstört und stopft Unmengen Schmerz- und Beruhigungstabletten in sich hinein. Seine Freunde Dick und Linda (Rüdiger Braun und Karen Schneeweiß) lassen ihn jedoch nicht im Stich und tun alles, um ihn mit einer neuen Flamme zu verkuppeln.
Dabei erleiden nicht nur Allan und seine anfangs platonische Freundin Linda, sondern auch die Zuschauer ein ständiges Wechselbad der Gefühle. Ein wenig fiebert man mit dem schüchtern-nervösen Mannsbild mit, aber meist hat er es gar nicht anders verdient. Auch die meisten Frauenfiguren sind komödiantisch überzeichnet und Anke Orschinack hat nicht wirklich viel zu tun, die Tänzerin im Glitzerkleid oder die Fotografenassistentin Sharon mit dem nötigen Sexappeal zu versehen oder die hochnäsig-gelangweilte Ex-Frau zu geben. Karen Schneeweiß als Linda muss da schon ein wenig mehr investieren, um sich langsam, aber sicher in Allan zu verlieben und hier gibt es dann auch ein paar schöne Momente im Spiel, das ansonsten oft oberflächlich-rasant und, ohne die Brüche in Figuren und Abläufen genau zu spielen, abläuft.
Da helfen auch diverse Regieeinfälle – wie Gitarrenspiel und Gesang von Anke Orschinack – oder einzelne tänzerische Einlagen nicht, um immer wieder Schwachstellen in der Schauspielerführung zu überdecken. Aber ein Anfang ist gemacht und Paula E. Paul sollte das nächste Mal wirklich mit dem sprichwörtlich weißen Blatt beginnen und ihr eigenes Ding entwickeln. Astrid Priebs-Tröger
Nächste Vorstellungen am 3., 4. und 5. Juni, jeweils 20 Uhr, auf dem Theaterschiff