Nimm’s leicht – nimm „Faust“! Premiere von „Fast Faust“ auf dem Theaterschiff
Die Comédie Soleil in Werder kündigt ihre „Faust I“-Inszenierung Ende November mit den Worten an: „Auch wir wagen den Schritt und könnten dabei ,ermattet’ feststellen, dass es tatsächlich unspielbar ist – eben doch ,nur’ ein Text. Doch wir wollen sehen!“ Goethes Meisterstück unspielbar? Da horcht man auf. Auch das Theaterschiff legt jetzt eine Inszenierung des Ersten Teils vor, am Freitagabend war Premiere.
Unspielbar war dieser neunzigminütige Spaß nicht, dafür weit mehr Parodie als Goethe. Das Zweipersonenstück heißt ja vorsichtshalber auch „Fast Faust“ und stammt von Albert Frank. Bei ihm will ein „Dramen-Terzett“ dieses Stück spielen, doch die einzige Aktrice unter den Männern fehlt: Schwangerschaftstest positiv – arbeitsunfähig. Natürlich war der Theaterdirektor und Hauptschauspieler sauer. Er verdonnerte Hannahs Freund Heiner, all ihre Parts mit zu übernehmen. Ein Zweipersonenstück also. Mario Neubert spielte neben seinem Mephisto noch Gretchen, und was halt so anfiel, während der Direx (Mathias Iffert) die Rollen von Gott, Faust, Marthe oder Hexe annahm, und was weiter so anfiel. Das war so wenig nicht, denn außer einem Spielvorhang war die Inszenierung von Marcus Löwer meist der Armut verpflichtet. Weder Bühnennebel noch Theaterdonner hatte man zu bieten, ja, nicht mal für eine ordentliche Kostümierung reichte es wohl. Dafür wurde eine „dramaturgische Tarnkappe“ bemüht, die man logischerweise nicht sah.
Der Witz vom Buttergeschäft war natürlich Hannah, Abwesende sind ja immer die Interessantesten. Sie ließ weder Faust noch seinem Widerpart genügend Ruhe zur Konzentration, so dass der Zuschauer alle Nase lang mit Breaks an sie erinnert wurden. Hier wurde ziemlich schlampig gearbeitet, sechs Wochen Inszenierungszeit für „Faust“ sind doch ein bisschen knapp. So führten die Protagonisten das Publikum mal in eine Szene ein, mal spielte man sie auch, mal holten sie es auf die Bühne. Alles so fusselig, alles wie von der Stange: Vorspiel
1im Himmel, Studierstube Faust, Osterspaziergang, schwarzer Pudel alias „Nudel“, Gretchen. Man parodierte und persiflierte, was das Zeug nur hergeben mochte, Gott als weißer Rauschebart, Marthe mit Hauskäppchen, Grete als blinzelndes Blondchen. Es kam dem Team offenbar mehr auf Effekte denn auf Substanz an, denn inhaltlich wurde alles Goethesche zum Teufel gejagt. Dürfen die das? Sie taten!
Die Liebesszene zwischen Grete und Faust war noch das Beste des Abends: eine Leuchtschlange auf der abgedunkelten Bühne stellte das Ei dar, eine zweite den befruchtenden Samenfaden. Im Parkett amüsierte man sich bollemäßig. Die Vereinbarung war ja ohnehin, nicht allzu viel zu erwarten. Wozu auch. Die beiden Darsteller – und Hannah natürlich – taten das ihnen Mögliche, um in diesem Klamotten-Faust Turbo-Spaß und Dauerklischees zu erzeugen, inklusive der berühmten Art von Väterchen Striese. Ihr Ton machte auch vor der Gürtel- Grenze nicht Halt – juchzte da manch’ Madamchen im Saal!
Ernstzunehmen, ganz ehrlich, war davon nicht viel.
Die Theaterschiffer sollten es mit Revue und Parodie und aller Drosselspötterei nun genug sein lassen. Sie können es, man weiß. Auch, was mit Booten passiert, die immer nur leichter werden. In Kürze ist „Revisor“-Premiere da wird man sehen, was spielbar ist, und was nicht. Gerold Paul
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